Handytelefonate mithören

Bewertung:  / 11
SchwachSuper 

Handytelefonate mithören

mit Geduld, Toleranz, Neugier und zwanghafter Gehirnfunktion

Wer kennt das nicht: Im Bus, in der Bahn, auf der Straße – überall wird mit dem Handy telefoniert. Warum ist es eigentlich so schwierig, das zu ignorieren, einfach wegzuhören ? Warum stört das so ?

Ich will hier gar nicht fragen, ob es gut oder schlecht ist, in der Öffentlichkeit mit dem Handy zu telefonieren. Ich will auch nicht meinen Unmut formulieren über Leute, die sich ganz megawichtig lautstark in Szene zu setzen versuchen, indem sie am Handy Anderen wichtig erscheinende Order geben ( „verkaufen die Aktien, sofort verkaufen" oder „ nur in Gold, unbedingt Gold" oder „ 4Prozent ? Sind Sie wahnsinnig ? Maximal 2 Prozent !" usw..) oder mich ärgern über Leute, die nach meiner Meinung total unwichtige Sachen erzählen oder sogar lügen („bin noch im Büro" während sie in der U-Bahn am Wandsbek-Markt sitzen ) .
Mich interessiert, warum mich Handytelefonate im öffentlichen Raum stören und was ich dagegen machen kann.

Bestimmt hast Du das auch schon erlebt:
Du sitzt im Bus oder der U-Bahn und liest ein Buch oder die Zeitung. Da steigt ein Mensch zu mit dem Handy am Ohr. Er spricht, aber Du hörst die Antwort nicht. Du versuchst, Dich auf Deinen Text zu konzentrieren und merkst, dass Du diese Stelle schon zum dritten Mal liest, ohne Dich wirklich konzentrieren zu können.
Wenn zwei Personen sich neben Dir unterhalten, stört Dich das überhaupt nicht. Du kannst so ein Gespräch total ausblenden. Das geht aber anscheinend nicht, wenn nur die Hälfte eines Gespräches „stattfindet".

In einer Fernsehsendung ( bildet Fernsehen doch ? ) hörte ich folgende Erklärung:
Unser Gehirn ist stets bemüht, fehlerhafte Informationen zu ergänzen. So können wir z.B. Kreuzworträtsel oder Sudoku lösen, weil das Gehirn durch Logik auf Grund von Erfahrungswerten permanent versucht, Informationslücken zu ergänzen. Sind keine vorhanden – wie bei einem Gespräch zwischen zwei in Hörweite befindlichen Personen, wo ich das Gespräch ja lückenlos verfolgen könnte – so kann ich dieses Gespräch ignorieren im Bewusstsein, jederzeit wieder zuhören zu können. Nicht so beim Telefonat:
Da mein Gehirn nur eine Hälfte des Gespräches mitbekommt, muss es die andere konstruieren. Um herauszufinden, ob diese Konstruktion richtig war, muss es weiterhin zuhören, um aus den folgenden Informationen die bisherige Interpretation zu kontrollieren oder zu korrigieren. Und dieser Prozess läuft zwangsläufig permanent weiter, weil ich ja immer nur höchstens die Hälfte des Gespräches mitbekomme und mein Gehirn ständig daran arbeitet, aus den Bruchstücken des Gehörten ein sinnvolles Gespräch zu rekonstruieren.

Mit anderen Worten:
Bei Handygesprächen in meiner Nähe kann ich versuchen, mit Geduld und Toleranz darüber hinwegzusehen, dass da ein Mensch die gesamte Umgebung in Hörweite zu seiner persönlichen Telefonzelle macht ( Ich habe festgestellt, dass so ein Telefonat im Freien durchaus noch in 50 ! Meter Abstand zu hören ist ). Auch meine Neugier kann ich bezähmen wissend, dass es viel interessantere Dinge gibt, als so einem Telefongespräch zuzuhören.
Was ich nicht kann ist, meine Gehirnfunktion ( s.o.: Ergänzung) auszuschalten. Stets wird mein Gehirn versuchen, aus aufgefangenen Fetzen ein Ganzes zu machen.
Und das ist der Grund, warum der Mensch bei solchen Telefonaten nicht weghören kann, sie stören ! Mit Neugier hat das überhaupt nichts zu tun !!

Um hier Abhilfe zu schaffen, gibt es eine Möglichkeit.
Meine Bitte an die Industrie:

Baut nur noch Handys, bei denen der Gesprächspartner zwangsweise über Lautsprecher wiedergegeben wird. Dann können wir endlich weghören !!