Ich ärgere mich

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SchwachSuper 
Geschrieben von Winni
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 Ich ärgere mich – warum tue ich mir das an ?

Untersuchen wir doch diesen Satz mal etwas genauer:
Ich ärgere mich – wer ärgert wen ? Von wem werde ich geärgert ?

Wenn ich sage, ich ärgere mich, ärgere ich mich also selber. Niemand sonst, kein anderer Mensch, kein äußerer Umstand ist beteiligt.

Stimmt das ?

Ich ärgere mich doch über etwas. Aha ! Ein äußerer Umstand ist schuld an meinem Ärger ?

Ich ärgere mich über jemanden. Aha ! Ein anderer Mensch ist schuld an meinem Ärger ?

Beispiele:

Wenn sich alte Zeitungen im Treppenhaus meines Mehrfamilienhauses stapeln, kann ich mich darüber ärgern, das ist mein gutes Recht, denn es sieht furchtbar aus.
Als Reaktion auf meinen Ärger habe ich zwei Möglichkeiten:
Ich lass sie liegen und ärgere mich weiter ODER ich räume sie weg und damit auch den Ärger.

Ein anderes Beispiel:
Mir fällt ein Glas aus der Hand und zerspringt auf dem Fußboden. Es war mein Lieblingsglas und ich ärgere mich. Es ist nicht reparabel.

Oder:
Nach meiner Meinung müssten fast alle Amerikaner Obama wiederwählen. Dass viele oder überhaupt jemand reaktionäre Kräfte wählt, ärgert mich.

Wie unterscheiden sich diese Beispiele ?

Beim ersten ist klar, ich kann den Grund meines Ärgers beseitigen und damit den Ärger. Es steht im meiner Macht, ihn aktiv zu beseitigen, positiv zu handeln.
Beim zweiten ist das Glas kaputt und ich kann es nicht reparieren, kann mir aber vornehmen, in Zukunft sorgfältiger zu sein, womit ich das Erlebnis mit positiven Gedanken beende.
Beim dritten kann ich an den Tatsachen nichts ändern. Bleibt mir nur, mich weiter zu ärgern oder mich damit abzufinden ?

Bei allen Beispielen gleich ist: ICH ÄRGERE MICH !
Und das bedeutet: Das Ärgern ist abhängig von mir selbst. Ich allein entscheide, ob ich mich ärgern will oder nicht. Es kann gute Gründe dafür geben, dass ich mich ärgere. Immer aber sollte ich mir darüber klar sein, dass ich mich nur ärgere, weil ich mich dafür entschieden habe. Es steht mir immer frei, mich für oder gegen den Ärger zu entscheiden, denn wenn ich mich ärgere, tue ich das freiwillig:
ICH ärgere mich.

Im Prinzip ist also das Sich-Ärgern völlig sinnlos, weil es nichts bewirkt außer mir die Laune zu verderben.
Wobei ich eine Ausnahme sehe:
Wenn aus meinem Ärger etwas Positives entsteht – ich räume die Zeitungen weg, es ist sauber.

Und warum nicht diese Ausnahme zur Regel machen ?
Wenn mein Ärger nichts bewirkt außer meine Laune zu verschlechtern, ist er nutzlos.
Einsetzenden Ärger sollte ich also als Anregung dafür sehen, nach alternativen, positiven Wertungen der mich ärgernden Situation zu suchen ( das Glasbeispiel).
Beim dritten Beispiel bliebe mir scheinbar als positive Reaktion nur, nach Amerika zu reisen und aktiv in den Wahlkampf einzugreifen. Wegen des zu hohen Aufwandes entscheide ich mich dagegen.
Und mit dieser Entscheidung kann ich meinen Ärger vergessen, denn ich habe freiwillig und bewusst auf ein Tun verzichtet und beschlossen, die Situation zu ertragen, auch wenn sie mir nicht gefällt.

Letztendlich ist Ärger also etwas Positives:
Er kann mich zu vernünftigen Handlungen bringen ( Papier wegräumen), Positives aus anscheinend negativen Erlebnissen ( Glas kaputt) lehren und mir auch meine Grenzen beim Ärger über Ereignisse, die ich nicht beeinflussen kann, aufzeigen.

Will ich mich über etwas ärgern, ohne nach Positivem zu suchen, bleibt das natürlich mein gutes Recht. Ich kann mich den ganzen Tag lang ärgern, aber dazu verpflichtet bin ich nicht !